Diese Meldung in der Jahresübersicht 2016
Pünktlich zu den bevorstehenden Landtagswahlen berichtet Bild über einige Punkte des geplanten neuen Parteiprogramms der AfD. Welt greift dies auf, erwähnt aber bereits in der Einleitung, dass die Privatisierung von ARD und ZDF ab 2018 gefordert wird.
Ist das vielleicht eine verkappte Parteienwerbung?
Bei der Welt ist das nicht im Bereich des absolut Unwahrscheinlichen, immerhin hat sie sich bereits vor einem Monat von einem Redakteur wegen solchen Vorwürfen getrennt (Stellungnahme von Welt).
In den letzten Tagen, nach der Kommunalwahl in Hessen, fand an einigen Stellen eine Beschäftigung mit den Inhalten der AfD statt. Nun setzen sowohl Bild als auch Welt in den aktuellen Artikeln auf die christlich vorgeprägte Leserschaft: Verbot der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen, Verbot von Minaretten und des Muezzin-Rufs sowie Verbot der betäubungslosen Tötung von Tieren. Dann berichten beide über die geforderte Abschaffung der Gebühreneinzugszentrale GEZ sowie die Privatisierung von ARD und ZDF ab 2018. Zum Schluss wird dann noch die Forderung nach Rückkehr zur Atomkraft aufgeführt.
Auch wenn die Bild den Artikel im Schreibstil der Empörung aufgebaut hat: Beide Zeitungen machen mit dem Artikel und dem Zeitpunkt der Veröffentlichung die AfD genau für die Menschen interessanter, die jetzt noch am hadern sind, weil sie mit der bisherigen Politik unzufrieden sind. Die Forderungen passen zum Weltbild vieler Menschen in Deutschland:
Die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen ist per Gesetz erlaubt, während es für Mädchen untersagt ist? Die Debatte schwellt schon seit 2012 (Süddeutsche).
Das Minarettverbot hatte die Deutschen schon 2009 in zwei Lager gespalten (Spiegel.de). Ob damit allerdings aus Gründen der Gleichstellung auch ein Verbot von Kirchtürmen und Kirchengeläut einhergeht, bezweifele ich.
Für die Atomkraft gibt es auch noch genug Fans, für Tierschutz sehr viele. Die Anhänger einer Rundfunkprivatisierung werden auch immer mehr (Meldung vom 19.02.2016).
Die mögliche große Zahl der Befürworter dieser Programmpunkte erklärt möglicherweise die von Bild und Welt getroffene Auswahl. Wobei der Welt die Privatisierung von ARD und ZDF offensichtlich wichtiger ist, da diese bereits zu Anfang angeführt wird.
Was sollen denn nun die unentschlossenen Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt tun?
Eine öffentliche Ansage an andere Menschen, dass eine bestimmte Partei nicht gewählt werden dürfe, ist eigentlich schon undemokratisch. Jede Partei auf dem Wahlzettel ist erst einmal ein möglicher Kandidat, denn alle müssen sich letztlich an das Grundgesetz halten. Wenn eine Partei das nicht tut, müsste sie sich irgendwann in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht einfinden. Das Gericht erledigt dann hoffentlich seine Arbeit im Sinne des Grundgesetzes und der Menschenrechte, auch wenn manche hier auf der Webseite beschriebenen Verfahren das Gegenteil beweisen, da sie vom Europäische Gerichtshof für Menschenrechte korrigiert werden mussten.
Man muss sich die entsprechende Partei aber schon genauer ansehen und nicht einfach aus Protest sein Kreuz machen. Es könnte sein, dass viele andere auch so wählen und dann muss diese Entscheidung für fünf Jahre tragfähig sein. Gibt es keinen passende Partei, ist das Ungültig machen der Wahlstimme auch ein Weg.
Was aber nicht geht: Nicht wählen gehen und sich dann aufregen...