Rundfunkbeitrag Aktuelles 14.09.2016

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„Argumentative Tiefenschärfe fehlt im Urteil.”

Diese Aussage kann dem Aufsatz „Rundfunkbeitrag als Demokratieabgabe?” (NJW 35/2016) entnommen werden, in dem Dr. Martin Pagenkopf, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht und Experte für Verfassungs- und Europarecht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts analysiert und kritisiert.

Bei der wesentlichsten Aussage der Gerichtsentscheidung, dass der Rundfunkbeitrag keinesfalls als Steuer zu bewerten sei, attestiert er dem Gericht quasi Komplettversagen. Die Ausführungen des Gerichts wären zwar in einer Art, die keinen Widerspruch dulden würde, allerdings sind diese keinesfalls gelungen. Dazu prüft er anhand der Vorgaben des Abgabenrechts die mögliche Einstufung des Rundfunkbeitrags. Die Wohnung eignet sich nicht als Anknüpfungspunkt für den Rundfunk, ein individualisierbarer Vorteil fehlt, die „homogene Gruppe der Rundfunkverweigerer” wird übergangen. Der Rundfunkbeitrag ist kein Beitrag, auch keine Sonderabgabe, sondern eine Zwecksteuer.

Auch kritisiert er, dass das Gericht auf der einen Seite den Steuertatbestand verneint, dazu aber auf steuerrechtliche Grundsätze zurückgreift. Auch werden die „unterschiedlichen Rechtsfiguren des Abgabenrechts nicht hinreichend voneinander abgegrenzt”.

„Fern von einer präzisen beitragsrechtlichen Argumentation wird dann vom Gericht ein konkret nutzbarer Gegenwert bejaht.”

Die vom Gericht bemühte Analogie zum Anschluss- und Benutzungszwang an öffentliche Versorgungseinrichtungen widerlegt er mit Verweis auf entsprechende Gerichtsentscheidungen, die genau dabei Ausnahmen und Befreiungen vorgesehen haben und den Umstand, dass es keine Pflicht zu Nutzung von Rundfunkleistungen gibt. Ebenso zieht er in Zweifel, ob die vom Gericht verwendeten statistischen Daten wirklich noch hinreichend aussagekräftig sind, um die getroffene Typisierung zu rechtfertigen. Zur Gruppe der Rundfunknichtnutzer führt er folgendes aus:

„Denn der Normgeber habe eine Befreiung gerade nicht vorgesehen und ein Verzicht erfülle nicht den Befreiungstatbestand eines unzumutbaren Härtefalls iSd § 4 VI 1 RBStV. Hier wird der Charakter der Rundfunkabgabe als Steuer, die alle trifft, besonders deutlich. [..] Denn die Heranziehung von objektiv nicht Begünstigten, was deren ausdrücklichen Verzichtswillen entspricht, stellt einen von der Regel abweichenden Sonderfall dar, der üblicherweise den Begriff einer Härte unterfällt. Eine bewusste Nichtregelung dieses Bereichs tritt sowohl mit dem Gleichheitsgrundsatz als auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Konflikt.”

Ebenso hätte das Gericht die Argumentationen bezüglich möglichen europarechtlichen Problemen nicht einfach vom Tisch wischen dürfen.

Eine mögliche Entschuldigung für diese Fehlleistung des Gerichts kann dem Aufsatz indirekt auch entnommen werden:

„Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass der entscheidende Senat nicht für das Abgabenrecht zuständig ist, sondern allgemein für Kultur- und Rundfunkrecht.”

Das erklärt so manches, vor allem, wie es Herr Dr. Pagenkopf mühelos gelingt, die Argumentation des Gerichts komplett ad absurdum zu führen. Jurastudenten hätte er in seiner Lehrzeit vermutlich bei so einer Arbeitsleistung durchfallen lassen.

Am besten liest man den Aufsatz selbst durch, das Heft 35/2016 der „Neue Juristische Wochenschrift” (NJW) kann für 7 EURO plus Porto beim Verlag C.H. Beck oHG, München bestellt werden.

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