Diese Meldung in der Jahresübersicht 2014
Heute wurde ich auf einen Artikel der Braunschweiger Zeitung hingewiesen. Darin geht um die Beitragspflicht von Kindertagesstätten, die Klage der Gemeinde wurde abgewiesen.
Das fügt sich nahtlos in die Reihe der verschiedenen Klagen gegen den Beitrag ein, die in letzter Zeit in erster Instanz abgewiesen wurden. Bei diesem Verfahren kann ich aber, ohne beim Verfahren selbst dabei gewesen zu sein, eine Analyse betreiben. Den Richter Dr. Uwe Allner habe ich im Mai 2008 bei der Verhandlung in Sachen PC-Gebühr meines Bruders in Aktion erlebt. Damals hat er den Vertreter des NDR durch sein sehr intensives Nachhaken in Bedrängis gebracht und hat auch zugunsten meines Bruders entschieden. Damals konnte man also nicht unterstellen, hier wollte jemand etwas schnell vom Tisch haben.
Dem Entscheidungsgrund, dass der Rundfunkbeitrag anders als Steuern zweckgebunden sei und daher nicht steuerähnlich sei, kann ich meine Ausführungen unter Klagegründe allgemein entgegensetzen. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat in der Entscheidung BVerfGE 65, 325 zur Zweitwohnungsteuer in Absatz 64f dargelegt, dass es sehr wohl Steuern geben kann, die zweckgebunden sind.
Der Entscheidungsgrund, dass sich in den Büros der Kindertagesstätte möglicherweise TV-taugliche Computer befinden würden, wirft Fragen auf. Den Hinweis an dieser Stelle des Artikels, dass der Richter die Webseite eines Kindergartens im Internet entdeckt hätte, packe ich mal in die Rubrik journalistische Verkürzung. Die Existenz einer Webseite beweist nicht das Vorhandensein von Empfangsgeräten in einer Betriebsstätte, die könnte auch ein Dienstleister erstellt haben.
Wenn ich jetzt mal einen Absatz lang weiterspinne:
Eine Webseite einer von einer Gemeinde betriebenen Kindertagesstätte würde diese faktisch sogar zu einem Rundfunkveranstalter machen, denn gemäß eines Gutachtes des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier ist ja alles im Internet Rundfunk (siehe auch Eintrag vom 08.03.).
Das würde die Frage aufwerfen, warum die Kita nicht gemäß § 5 Abschitt 6 Satz 1 vom Rundfunkbeitrag befreit ist.
Immerhin ist die Kita öffentlich-rechtlich und braucht daher keine landesrechtiche Zulassung wie ein privater Rundfunkveranstalter.
Jetzt aber wieder ernsthaft:
Ich nehme eher an, der Richter konnte auf den Bildern sehen, dass in einer Kita Computer herumstanden und hat daher die Frage gestellt, ob das in der Kita der klagenden Gemeinde genau so ist.
Das würde einerseits die Einsatzbereitschaft des Richters zeigen, sich selbst ein Bild zu verschaffen.
Nur der Rückschluss, es sind Empfangsgeräte vorhanden, also könnte man auch Rundfunk nutzen, passt dann nicht.
War nicht der bedeutende Systemwechsel des Rundfunkbeitrags, dass Empfangsgeräte keine Rolle mehr spielen sollen.
Es ist also unbedeutend, ob Empfangsgeräte in Form von Computern in einer Kindertagesstätte stehen oder nicht.
Das eigentliche Problem wird im Artikel schon angesprochen: Der Richter wollte nicht durch Rütteln am Rundfunkbeitrag Rechtsgeschichte schreiben.
Ich habe hier schon wiederholt darauf hingewiesen: Im Grundgesetz ist nur von der Freiheit der Berichterstattung die Rede, nicht vom Rundfunk allgemein. Wer einen ausreichend schnellen Internetzugang hat und auf Filme und Serien steht, wird mittlerweile von entsprechenden Internetanbietern viel besser versorgt als es die Fernsehsender tun. Von Nachrichten, also Berichterstattung im Sinne des Grundgesetzes, ganz zu schweigen. Nachrichten im Fernsehen sind eigentlich Zeitverschwendung, da diese audiovisuell aufbereitet werden, für Hintergrundinformationen ist kein Platz. Das gestehen die Sendeanstalten durch ihre vielen Verweise auf das Internetangebot faktisch ein.
Der Rundfunkbeitrag beinträchtigt die Freiheit der Berichterstattung eigentlich, denn ein bestimmter Anbieter bekommt bedingungslos Geld, während alle anderen Anbieter zusehen müssen, wie sie über die Runden kommen. Eigentlich warte ich nur darauf, dass die Anbieter von Internetrundfunk bei der EU Kommision Beschwerde einlegen, dass es in Deutschland einen wettbewerbsverzerrenden Staatsvertrag gibt.
Was passiert denn, wenn das System wirklich wackelt? Wer zahlt die Pensionsansprüche und sonstigen rundfunkfremden Kosten der Sendeanstalten?
Das dafür nicht ein Richter einer ersten Instanz verantworlich sein will, kann ich verstehen. Es wäre aber schön gewesen, wenn das Gericht die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit gemäß Art. 100 GG an das BVerfG weitergereicht hätte. Vielleicht wollte es nicht auf Godot warten. Oder die passenden Fragen sind im Verfahren gar nicht aufgeworfen worden, ein Gericht kann auch bei hoher Motiviation nicht unbedingt alles selbst herausfinden.