Diese Meldung in der Jahresübersicht 2015
Der VGH Hessen hat am 1. Oktober einen Berufungsantrag zu einem Rundfunkbeitragsverfahren abgelehnt (VGH Hessen, 01.10.2015 - 10 A 1181/15.Z) und führt dabei aus:
„Von einem Beitrag spricht man, wenn eine Geldleistung dafür erbracht wird, dass man die Möglichkeit der Nutzung erhält, so dass diese Geldleistung nicht die Gegenleistung für eine konkrete Inanspruchnahme einer Leistung darstellt. Nach allem ist der neue Rundfunkbeitrag unzweifelhaft ein Beitrag im Rechtssinn, denn er stellt eine Geldleistung dafür dar, dass der Betreffende die Möglichkeit hat, öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Anspruch zu nehmen.”
„Der Rundfunkbeitrag ist ein typischer Beitrag, nämlich eine öffentlich-rechtliche Geldleistung als Gegenleistung für die Möglichkeit der Nutzung.”
Der VGH ist, bestärkt durch die gleichlautenden Entscheidungen bei anderen Gerichten, scheinbar so überzeugt, dass er postuliert:
„Auf abweichende Literaturmeinungen kommt es dabei nicht an.”
Schön, wenn er so überzeugt ist, dann braucht man ihm mit Literatur ja nicht mehr zu kommen, sondern gibt ihm als Hausaufgabe einfach die Entscheidung 1 BvR 668/10 vom 25.6.2014 mit, über die ich mich vor genau einem Jahr schon ausgelassen habe. Darin ging es um Straßenausbaubeiträge, ebenfalls ein sehr „typischer Beitrag”. Das BVerfG definierte dafür in den Absätzen 51 bis 54 folgendes:
„Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.”
„Das schließt allerdings nicht aus, dass eine unbestimmte Vielzahl von Bürgern zu Beiträgen herangezogen wird, sofern ihnen jeweils ein Sondervorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann.”
„Soweit die Beitragserhebung grundstücksbezogen erfolgt, muss auch der Sondervorteil grundstücksbezogen definiert werden.”
„Allerdings darf sich aus Gründen der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) der Sondervorteil, dessen Inanspruchnahme durch die Erhebung eines Beitrags ausgeglichen werden soll, nicht in der Weise auflösen, dass Beitragspflichtige keinen größeren Vorteil aus der potentiellen Inanspruchnahme der Gegenleistung ziehen können als die nichtbeitragspflichtige Allgemeinheit.”
Wo liegt denn die Abgrenzbarkeit des Vorteils eines Wohnungs-/Betriebsstätteninhabers von der Allgemeinheit? Hat ein Betriebsstätteninhaber insgesamt wirklich einen größeren Vorteil, weil er mehrfach für seine Wohnung, seine Betriebsstätte und ggf. für KFZs zahlen muss?
Was ist denn der wohnungsbezogene / betriebstättenbezogende Sondervorteil?
Solche und weitere Fragen könnte sich ein Gericht schon selbst stellen, auch wenn es eine Literaturallergie hat.