Diese Meldung in der Jahresübersicht 2016
Ich wurde auf den Berliner Datenschutzbericht 2015 hingewiesen. In diesem sollte ich mir die Bemerkungen zum geplanten erneuten Meldedatenabgleich ansehen, viel interessanter fand ich aber andere Stellen, die Aussagen der Gerichte zum Rundfunkbeitrag ad absurdum führen. Interessant ist auch, das die Bundesregierung mit einem Gesetz faktisch die Unverletzlichkeit der Wohnung abschaffen will.
Im Entwurf des Prostituiertenschutzgesetzes, das letzte Woche vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, findet sich in § 29 Satz 2 folgendes:
„Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können die Grundstücke, Geschäftsräume und die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume auch außerhalb der für Prostitutionsgewerbe üblichen Geschäftszeiten betreten werden. Dies gilt auch dann, wenn sie zugleich Wohnzwecken dienen. Die betroffene Person oder Dritte, die Hausrecht an den jeweiligen Räumen haben, haben die Maßnahmen nach Satz 1 zu dulden; das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.”
In Verbindung mit § 31 ergibt sich daraus eine Generalvollmacht, denn schon Annahmen können so zu einer Hausdurchsuchung ohne Richtervorbehalt führen. Der Datenschutzbericht stellt daher auf Seite 95 zurecht infrage, dass die Art. 13 Abs. 2 GG hinreichend beachtet wird.
Nun kann man sich die Frage stellen, ob vielleicht das Nichtzahlen von Rundfunkbeiträgen auch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Immerhin will die Politik im nächsten Rundfunkstaatsvertrag einen weiteren Meldedatenabgleich zulassen, wie ab Seite 176 des Berichts ausgeführt wird. Damit sollen wohl weitere zahlungspflichtige Wohnungsinhaber ermittelt werden, damit die Finanzierung der Sender sichergestellt ist.
Eine vergleichbare Wohnungsjagd wird im Bericht unter 5.7 ab Seite 80 beschrieben. Dabei wurde eine anlasslose verdachtsunabhängige Speicherung durchgeführt, die sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof nur unter sehr engen Voraussetzungen als zulässig erachten. Ist die Übermittlung (und damit Speicherung) aller gemeldeten Personen der Bundesrepublik an den Beitragsservice da etwas grundsätzlich anderes?
Interessant ist auch, welche Auswirkung das EuGH Urteil C-201/14 vom 1. Oktober 2015 darauf haben wird (siehe Bericht unter 14.1, Seite 155):
„Der Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass die Europäische Datenschutzrichtlinie 95/46/EG der Übermittlung personenbezogener Daten an eine Verwaltungsbehörde desselben Mitgliedstaats zur dortigen Datenverarbeitung für andere Zwecke entgegensteht, wenn die betroffene Person hierüber nicht vorab unterrichtet wurde.”
Meldedaten zum Zweck der Rundfunkbeitragserhebung zu übermitteln verstößt damit eventuell gegen geltendes Recht, denn wer von uns wurde von seinem Einwohnermeldeamt darüber informiert, dass Daten an den Beitragsservice übermittelt wurden?
Das Sahnehäubchen des Berichts sind aber die Ausführungen zur Reichweitenmessung im Internet unter 15.3 ab Seite 175 und zur Datensicherheit bei Logins bei Partnerbörsenportalen unter 2.2, Seite 38. Es kommt klar zum Ausdruck, dass eine Reichweitenmessung technisch kein Problem ist. Ebenso kann der Schutz der Daten bei Partnerbörsen bei Beachtung bestimmter Regeln hinreichend sicher gestaltet werden, so dass auch sensible persönliche Angaben aus Sicht der Datenschutzbeauftragen hinreichend geschützt sein sollten.
Da fragt man sich doch ernsthaft, warum sich Gerichte trauen, die haltlosen Behauptungen der Rundfunkanstalten, dass man die Nutzung nicht kontrollieren und den Zugang nicht sicher beschränken könnte, einfach ohne Prüfung in ihre Urteilstexte übernehmen. Es wundert dann auch nicht mehr, dass immer mehr Menschen die Gerichte nicht mehr ernst nehmen und beispielsweise während der Verhandlung Akten klauen.