Diese Meldung in der Jahresübersicht 2016
Am nächsten Sonntag ist in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Landtagswahl. Bei dieser Gelegenheit können Wählerinnen und Wähler einmal darüber nachdenken, wer ihnen beim Rundfunk keine Wahl mehr gelassen hat, auch wenn dies zunächst ein untergeordnetes Problem ist.
Was aber mit dem Rundfunkbeitrag eingeleitet wurde, ist vermutlich nur der Probelauf einer neuen Art der Geldbeschaffung durch die Politik.
Auch wenn bislang kein Gericht Probleme mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag hatte, belegen die Mehrheit der Gutachten das Problem, dass sich der Beitrag nicht wirklich von einer Steuer unterscheidet (siehe Rundfunkvorteil). Behält auch das Bundesverfassungsgericht diese Ansicht der Vorinstanzen bei, wischt es die gesamte Rechtsprechung zur Abgabenordnung vom Tisch und ermöglicht damit der Politik in Zukunft, sich immer mittels Beiträgen Geld zu beschaffen. Gibt dann beispielsweise der Landeshaushalt wegen der Schuldenbremse nicht mehr genug Geld für Museen und Theater her, wird das in eine Kulturabgabe ausgelagert, die man dann praktischerweise gleich beim Beitragsservice mit verwalten könnte, denn den passenden Namen hat er ja schon. Ebenso gibt es auch schon Überlegungen, der Presse einen solchen Obolus zukommen zu lassen, da deren Geschäftsmodell immer schneller wegbricht. Das wird mittlerweile auch in Blogs wie blog.fefe.de angeregt.
Die Schuld an dieser Entwicklung wird immer gerne dem Internet in die Schuhe geschoben, da hier durch die Nutzer immer noch der Anspruch eines kostenfreien Angebotes besteht. Die Zeitungsverlage müssen sich die Kundschaft selbst suchen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben diesen Zwang nicht. Diesen Konflikt hat auch das Bundesverfassungsgericht noch nicht behandelt, wie Verfassungsrichter Prof. Dr. Andreas L. Paulus ausgeführt hat.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Dres. h. c. Hans-Jürgen Papier, hat Internetangebote in einem Gutachten eher dem Rundfunk zugeordnet (Interview dazu). Allerdings ist das nur eine Literaturmeinung, auf die es Gerichten scheinbar nicht mehr ankommt, wie der Beschluss 4 L 215/15 des Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.01.2016 zeigt. Es hat sich damit die Ausführung des VGH Hessen zu eigen gemacht (siehe Meldung vom 09.11.2015).
Es wird dann interessant, wie der Streit um die Tagesschau App im August weitergeht. Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Vorinstanzen nicht sorgfältig genug geprüft haben, ob das Angebot nicht doch zu presse-ähnlich ist. Das Verwaltungsgericht Berlin wiederum hält nur Gedrucktes für Presse. Hier zeigt sich, dass verschiedene Gerichte auf einmal doch verschiedene Meinungen darüber haben, was Presse und was Rundfunk ist.
Wenn nun Internet Rundfunk ist, dürfte der Staat dann dort überhaupt Angebote wie Webauftritte platzieren und in anderen Internetmedien tätig sein? Verstößt das gegen die Staatsferne? Siehe dazu Kress News vom 18.11.2015.
Die ganzen sich abzeichnenden Rechtsstreitereien haben ihre Ursache aber ganz woanders. Der Kapitalismus lehrt uns doch angeblich, dass ein gutes Produkt immer gekauft wird. Wenn nun Zeitungen sinkende Auflagen haben, könnte das vielleicht an der Qualität des Blattes liegen? Geben die ehemaligen Kunden vielleicht das Geld lieber für etwas anderes aus? Ist die Zeitung dann also ihr Geld nicht wert?
Der Rundfunk muss sich ähnlichen Fragen stellen: Wie viel des durch den Rundfunkbeitrag eingetriebenen Geldes kommt den überhaupt im Programm an? Vor allen in dem Programmteilen, die die Privatsender nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts nicht liefern können? Wird Meinungsbildung oder Meinungsmache betrieben? Wie sieht es mit der Verhältnis von eingesetztem Geld und Ergebnis aus?
Die Gerichte werden solche Fragen nicht klären. Solche Fragen muss sich der Gesetzgeber auf Landesebene vornehmen. Wie schon eingangs erwähnt: In drei Ländern ist in einer Woche Wahl. Nur hat man bei diesen Fragen scheinbar keine.