Diese Meldung in der Jahresübersicht 2016
„Die Einführung des Rundfunkbeitrags ist ein rechtsstaatliches Debakel.”
Dieses Fazit zieht der Artikel „Der Rundfunkbeitrag im Konflikt mit der Verfassung” von Dr. Kay E. Winkler, welcher in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Kommunikation und Recht erschienen ist. Darin wird ausgeführt, wo das Bundesverwaltungsgericht „den Inhalt der angewandten Rechtsgrundsätze in erstaunlisch groben Maße” missachtet.
Zuerst zerlegt Dr. Winkler die Argumentation des BVerwG bezüglich der Abgrenzung des Rundfunkbeitrags von einer Steuer. Der konkret-individuelle Vorteil wird vomn BVerwG nicht nachgewiesen, sondern nur behauptet, obwohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk „in seiner Konzeption nach gerade eine der Allgemeinheit zukommende Leistung” ist. Der Verweis des BVerwG auf den Umstand, dass lediglich in 3-4% der Haushalten kein Fernsehgerät zu finden sei, kann nur als Hinweis auf die Nutzung von Rundfunk an sich, nicht auf spezielle Nutzung von öffentlich-rechtlichen Rundfunk interpretiert werden. Außerdem ist faktisch der mit dem Rundfunkbeitrag belastete Personenkreis mit der Allgemeinheit identisch, weil über 99% der Bevölkerung über eine Wohnung verfügen. Der Rundfunkbeitrag ist bezüglich der Einnahmenseite (Innehaben einer Wohnung) nicht an die Ausgabenseite (ein an die Allgemeinheit adressierter Rundfunk) gekoppelt, wodurch er einer Zwecksteuer entspricht.
Die Argumentation, dass die Flucht aus der Rundfunkgebühr die Umgestaltung notwendig gemacht hätte, wird auch ad absurdum geführt. Man hat lediglich den einen Verstoß durch einen anderen ersetzt:
„Die Schwierigkeit, das Vorhalten eines Empfangsgerätes festzustellen, wird nunmehr durch die Schwierigkeit ersetzt, das gemeinsame Führen einer Wohnung festzustellen.”
Auch die Argumentation mit der Vereinfachung und dem damit einhergehenden Eingriff in den Gleichbehandlungsgrundsatz überlebt die Betrachung nicht. Vereinfachungen sind nur innerhalb des wirklich betroffenen Personenkreis erlaubt, es darf nicht ein Personenkreis betroffen werden, der keinen individuellen Vorteil hat. Daher darf man die Wohnungsinhaber ohne Rundfunkgeräte nicht einfach ignorieren, da gerade die Rechte von Minderheiten durch das Grundgesetz geschützt werden müssen.
Auch mit der Interpretation des BverwG bezüglich der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG geht Dr. Winkler hart ins Gericht:
„Das BVerwG verkennt, dass die Grundrechte den Bürger vor dem Staat schützen sollen, und nicht umgekehrt dem Staat ein Eingriffsrecht dem Bürger gegenüber gewähren.”
Nur wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk inhaltlich von der Bevölkerung getragen wird, muss er finanziert werden. Wenn die Sender aber seit Einführung des Rundfunkbeitrages die Zahl der Neuproduktionen verringern, während sich die Sendeminuten erhöhen (KEF Bericht April 2016, S. 43f), ist in Zweifel zu ziehen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk seiner Aufgabe wirklich nachkommt.
Es ist also festzustellen: Das BVerwG hat bei seinen Urteilen zum Rundfunkbeitrag eigentlich auf ganzer Linie versagt. Da ich nicht annehme, dass dort nur juristisch unbedarfte Personen arbeiten, kann man über die Absichten eigentlich nur spekulieren.
Wenn Dr. Winkler in der Einleitung den Wunsch äußert, dass eine „vertiefte Beschäftigung mit der akademischen Literatur und dem Rechtssprechungsfundus des BVerfG [..] wünschenswert gewesen” wäre, verkennt er leider die Realität bei den Verwaltungsgerichten. Der VGH Hessen hat dies im Oktober an kürzesten formuliert (Meldung vom 09.11.2016:
„Auf abweichende Literaturmeinungen kommt es dabei nicht an.”
Bei einer solchen Ignoranz muss man sein Recht nicht mehr bei Gericht suchen.